Atomkraft ist keine Lösung für die Klimakrise Statusbericht zur weltweiten Situation der Atomindustrie belegt

Gesellschaft

Es gibt weiterhin viele Gründe, die für einen weltweiten Ausstieg aus der Hochrisikotechnologie Atomkraft sprechen.

Eingang zum Atomkraftwerk in Civaux, Frankreich.
Mehr Artikel
Mehr Artikel

Eingang zum Atomkraftwerk in Civaux, Frankreich. Foto: E48616 (CC-BY-SA 3.0 unported - cropped)

22. Dezember 2023
3
0
3 min.
Drucken
Korrektur
Die Krebscluster um die Atomanlagen im Regelbetrieb, das Störfallrisiko, die ungelöste Atommüllfrage, die Umweltzerstörung in den Uranabbaugebieten, Atomkraftwerke als Kriegsziel.

Dennoch formuliert die Atomlobby Erweiterungsphantasien, die jegliche Realität verleugnen. Die Atomstromproduktion soll bis 2050 verdreifacht werden, heisst es nun.

Der am 6.12.2023 erschienene Word Nuclear Industry Status Report 2023 macht deutlich, wie weit hier Wunsch und Wirklichkeit von einander abweichen. Erneut wird hier der globale Rückgang der Atomkraft dokumentiert. Das zweite Jahr in Folge ist die globale Atomstromproduktion mit 9,2 % unter die 10 %-Marke gesunken. Ein zukünftiger Anstieg ist nicht in Sicht.

Wie Realitätsfern das Ausbauziel der Atomlobby ist, merkt man, wenn man es einmal durchrechnet. Derzeit sind weltweit 412 Reaktoren im Betrieb. Es müssten also 824 zusätzliche gebaut werden. Von den derzeit laufenden Reaktoren sind 270 so alt, dass sie bis 2050 vom Netz gehen werden und ersetzt werden müssten. Das macht zusammen 1094 zusätzliche AKW.

Bei einer Bauzeit von 10 Jahren müssten die letzten 2040 in Bau gehen: 1094 Baustarts in 17 Jahren.

"Um bis 2050 den Atomstromanteil zu verdreifachen müssten jährlich 64 Atomkraftwerke in Bau gehen. 2023 starteten weltweit aber nur 4 Neubauprojekte. Alleine dieser Vergleich zeigt, wie realitätsfern die Ausbauziele der Atomlobby sind" sagt Bernd Redecker vom Lüneburger Aktionsbündnis gegen Atom.

Besonders deutlich wird es, wenn man nach Frankreich schaut. Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung ist im Atomenergiemusterstaat die Atomstromproduktion seit 2005 stark gesunken. Das liegt vor allem an dem Alter der Reaktoren und den daraus resultierenden hohen Ausfallzeiten. Seit 2000 ist dort kein neues AKW ans Netz gegangen, 54 der 56 in Frankreich laufenden Reaktoren werden bis 2050 abgeschaltet.

2022 hat Macron medienwirksam angekündigt, dass er 6 neue AKW bauen will. Kurze Zeit später wurde bekannt, dass der Staatskonzern EDF damit rechnet, dass das erste dieser Sechs 2039 ans Netz gehen wird und das letzte nicht vor 2050. 54 abschalten und nur 6 bauen: Der Anteil an Atomstrom wird also selbst in Frankreich dramatisch sinken.

"Alles Gerede von einer Renaissance der Atomkraft ist reine Augenwischerei und dient nur dazu, vom tatsächlich Notwendigen abzulenken, ohne etwas für den Klimaschutz etwas zu bewirken. Was es stattdessen braucht, ist ein konsequentes Umdenken, das auf den Ausbau von Erneuerbaren setzt, vor allem aber auch auf Einsparungen, nicht nur im Energiebereich, sondern bei allen Ressourcen." sagt Jonas Korn vom KlimaKollektiv Lüneburg.

Hintergrund

Am 06.12.2023 ist der jährlich World Nuclear Industry Status Report erschienen. Hier als Download.

Das Lüneburger Aktionsbündnis gegen Atom wurde 2009 anlässlich der Menschenkette zwischen Brunsbüttel und Krümmel gegründet. Nach dem Abschalten der letzten AKW in Deutschland werfen wir einen kritischen Blick auf den Umgang mit den Folgen aus sechzig Jahren Atomstrom: denn der Atommüll wird uns noch über Generationen als Problem erhalten bleiben.

pm